Was das EU-Omnibus-Paket für die Sozialwirtschaft bedeutet
13. März 2025

Inhaltsverzeichnis
Die EU-Kommission hat kürzlich weitreichende Vorschläge zur Vereinfachung der CSRD-Nachhaltigkeitsberichtspflichten vorgestellt. Auch viele Unternehmen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind betroffen, sofern diese nach den bisherigen Regelungen berichtspflichtig gewesen wären. Was sich konkret ändern soll und wie Sozialunternehmen mit den Ankündigungen umgehen sollten, wird nachfolgend erläutert.
Das EU-Omnibus-Paket
Das sogenannte „Omnibus-Paket“ war Ende Februar 2025 mit Spannung erwartet worden. Mit ihm will die EU-Kommission zentrale Elemente der EU-Nachhaltigkeitsregulierung – insbesondere Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und EU-Taxonomie-Verordnung – grundlegend reformieren.
Eine zentrale Änderung betrifft die CSRD: Künftig sollen nur noch Einrichtungen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden (bislang mindestens 250) sowie einem Umsatz von über 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Millionen Euro verpflichtet sein, einen CSRD-Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Gleichzeitig soll die erstmalige Berichtspflicht für Unternehmen der sogenannten zweiten und dritten Welle, die also bislang noch gar nicht einer Nachhaltigkeitsberichtspflicht unterlagen, um zwei Jahre verschoben werden.
Vereinfachung der Berichtsstruktur
Angepasst werden sollen außerdem die European Sustainability Reporting Standards (ESRS): Geplant sind die Streichung von weniger relevanten Datenpunkten, der Fokus auf quantitative Informationen und eine klarere Unterscheidung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Angaben. Zudem soll die Berichtsstruktur einfacher und anwenderfreundlicher gestaltet werden. Für Unternehmen in komplexen Lieferketten wird der sogenannte „Value Chain Cap“ eingeführt, mittels dessen keine Daten mehr von Lieferanten abgefragt werden müssen, die nicht selbst unter die Berichtspflicht fallen.
Auch die CSDDD ist Gegenstand des Reformpakets. Die Frist für die Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten wird auf Juli 2027 verschoben, während die Vorschriften erst ab Juli 2028 gelten. Die Sorgfaltspflichten für indirekte Geschäftspartner sollen nur noch bei konkreten Anlässen greifen, zum Beispiel nach Whistleblower-Hinweisen oder öffentlich bekannt gewordenen Fällen, die auf Missstände in der Lieferkette schließen lassen. Zudem müssen Unternehmen ihre Lieferketten künftig nur noch alle fünf Jahre systematisch auf Risiken wie Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden überprüfen, anstatt dies jährlich zu tun.
Reformen müssen noch verabschiedet werden
Eine wichtige Neuerung betrifft schließlich die EU-Taxonomie-Verordnung: Mit einem „Opt-in-Regime“ können Unternehmen freiwillig über taxonomiekonforme Aktivitäten berichten. Gleichzeitig soll ein „De-Minimis-Schwellenwert“ eingeführt werden, der Unternehmen von der Berichterstattung entbindet, wenn weniger als zehn Prozent des Umsatzes oder der Gesamtinvestitionen taxonomiekonform sind.
Wichtig zu wissen ist: Die vorgeschlagenen Reformen müssen nun erst noch den EU-Gesetzgebungsprozess durchlaufen und vom Europäischen Parlament sowie vom EU-Rat geprüft und verabschiedet werden.
Was jetzt zu tun ist
Auch wenn das Omnibus-Paket noch geprüft und verabschiedet werden muss, stellt sich die Frage, was Unternehmen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft schon jetzt tun können bzw. sollten. Wir haben nachgefragt bei Hans-Christoph Reese, Leiter Nachhaltige Kundenprojekte bei der Evangelischen Bank:

Was sollten Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft jetzt tun, obwohl die Vorschläge der EU-Kommission noch nicht endgültig beschlossen sind?
H.-Chr. Reese: Es ist entscheidend, die regulatorischen Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, da die Vorschläge bisher nur von der EU-Kommission vorgelegt wurden und noch nicht gültiges Recht sind. Unternehmen sollten das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung jedoch keinesfalls auf die lange Bank schieben oder gar aus dem Blick verlieren. Viele Akteur:innen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft werden voraussichtlich weiterhin unter die Berichtspflichten fallen. Frühzeitige Planungen helfen, spätere Engpässe zu vermeiden.
Sind aber die geplanten Erleichterungen nicht auch eine Chance, sich jetzt erst einmal auf andere wichtige Aufgaben zu konzentrieren?
H.-Chr. Reese: Es wäre keine gute Idee, sich jetzt entspannt zurückzulehnen. Denn unabhängig davon, was auf regulatorischer Ebene geschieht, bleiben die mit dem Thema Nachhaltigkeit verbundenen Herausforderungen – zum Beispiel der Umgang mit den Folgen des Klimawandels und der Verlust der Biodiversität – ja bestehen. Diese Herausforderungen manifestieren sich in physischen und finanziellen Risiken – zum Beispiel häufigere Schäden an Gebäuden durch Extremwetterereignisse oder steigende Betriebskosten –, mit denen sich soziale Einrichtungen und Unternehmen weiterhin intensiv auseinandersetzen sollten. Denn die EU beseitigt diese Risiken ja nicht dadurch, dass sie die Anforderungen an die Berichtspflicht verändert.
Gleichwohl werden viele Unternehmen voraussichtlich aus der Berichtspflicht fallen. Was ist diesen Unternehmen zu raten?
H.-Chr. Reese: Für Unternehmen, die absehbar nicht mehr zur Berichterstattung verpflichtet sind, kann eine freiwillige Berichterstattung nach dem Voluntary SME-Standard (VSME) sinnvoll sein. Dieser Standard – auch wenn er noch weiterentwickelt werden muss – ermöglicht es Unternehmen, Stakeholder-Anforderungen wie die Erwartungen von Banken oder Fördermittelgeber:innen zu erfüllen und sich zugleich als nachhaltig und zukunftsorientiert zu positionieren. Vor allem aber sollte am bestehenden Nachhaltigkeitsmanagement unbedingt festgehalten werden: Mit ihm lässt sich Transparenz hinsichtlich des Status quo erreichen, potenzielle Risiken werden identifiziert und schließlich können Maßnahmen abgeleitet werden, die zu einem effizienteren Ressourceneinsatz sowie zu einer Senkung der Kosten führen.
Welche konkreten Maßnahmen sollten Unternehmen ergreifen, wenn sie weiterhin berichtspflichtig bleiben?
H.-Chr. Reese: Unternehmen, die weiterhin unter die Berichtspflichten fallen, sollten jetzt die Wesentlichkeitsanalyse abschließen und diese revisionssicher dokumentieren, da sie ein zentrales Element der Berichterstattung bleibt. Parallel dazu sollten sie Datenpunkte, wichtige Kennzahlen (KPIs) und potenzielle Lücken (GAP-Analyse) zumindest näherungsweise bestimmen und zukünftige Entwicklungen im Blick behalten, um rechtzeitig Anpassungen vornehmen zu können. Durch frühzeitige Vorbereitung können Unternehmen sicherstellen, dass sie den Anforderungen für das Berichtsjahr 2027 gewachsen sind.
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