Tafelarbeit als Ausdruck gelebter Nächstenliebe
21. März 2025

Clarissa Schruck ist Diplom-Sozialpädagogin bei der Diakonie Düsseldorf und leitet dort den Bereich Ambulante Wohnungsnotfallhilfe, Bahnhofsmission und Evangelische Tafelausgabe. Die Tafelausgabe versorgt viele Haushalte in Düsseldorf mit Lebensmitteln. Im Interview schildert Schruck, wie sich das Angebot der Diakonie durch die Tafelarbeit verändert hat und was sie für die Zukunft braucht.
Frau Schruck, warum engagiert sich die Diakonie Düsseldorf für bedürftige Menschen mit der Evangelischen Tafelarbeit?
Schruck: Das Engagement für bedürftige Menschen ist das Urprinzip von Diakonie. Tafelarbeit ist ein Ausdruck gelebter Nächstenliebe, denn Menschen in sozialen, finanziellen und anderen Notlagen brauchen Unterstützung. Wer zu uns in die Evangelische Tafelausgabe kommt, nimmt zusätzlich auch andere Angebote wie zum Beispiel die Sozialberatung wahr. Das gibt uns die Chance, Menschen besser bei ihren Herausforderungen zu helfen.
Welche Menschen kommen zur Evangelischen Tafelausgabe?
Schruck: Hier zur Evangelischen Tafelausgabe kommen Menschen, die in Armut leben. Dazu gehören Alleinstehende, Familien, aber auch ältere Menschen, die häufig von Sozialleistungen wie Bürgergeld, Sozialhilfe oder einer kleinen Rente leben. Oder wie in der Corona-Zeit von Kurzarbeitergeld betroffen waren.
Im Jahr 2024 waren es ca. 12.000 Haushalte, die bei der Diakonie Düsseldorf mit Lebensmitteln versorgt wurden. Diese bestehen zu gleichen Teilen aus alleinstehenden Haushalten und Familien. Seit Pandemie und Inflation kann man sagen: Die Angebote der Tafeln sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Diplom-Sozialpädagogin Clarissa Schruck von der Diakonie Düsseldorf im Interview. © Sascha Mannel - Visualbrander.com
Welche Reaktionen erleben Sie von betroffenen Menschen, wenn sie zu Ihnen kommen?
Schruck: Einmal ist es Dankbarkeit, dass sie eine Stelle haben, wo sie Lebensmittel bekommen, die Ihnen über den Monat helfen. Außerdem sind sie froh, auf Sozialarbeiter:innen zu stoßen, die ihnen im Rahmen von Beratung weiterhelfen können. Und sie freuen sich, Gleichgesinnte zu treffen und zu wissen: Meinem Gegenüber geht es wie mir. Es ist mit Scham besetzt, eine Lebensmittelausgabe aufsuchen zu müssen. Unsere Evangelische Tafelausgabe ist ein Ort der Begegnung.
Die Menschen bringen aber auch ihre Traurigkeit und ihre Orientierungslosigkeit mit.
Sie haben von der Beratung innerhalb der Tafelausgabe gesprochen: Wie hat sich die Evangelische Tafelausgabe mit der Sozialberatung im Laufe der Zeit entwickelt?
Schruck: Die Sozialberatung wird in diesem Jahr 20 Jahre alt und über die Jahre hat sich sehr viel verändert und weiterentwickelt. Zu Anfang von Hartz IV wurde die Düsseldorfer Tafel von Familien angesprochen, die mit ihrem Geld nicht mehr auskamen. Die Tafel hat dann uns als Diakonie gefragt, ob wir eine Lebensmittel-Ausgabestelle für Familien eröffnen würden. Das war der Anfang. Und mit jedem neuen Kunden haben sich auch die Themen in der Sozialberatung verändert.
„Alles, was die Menschen bewegt und in soziale Not bringt, wird hier in der Beratung aufgenommen und gemeinsam wird nach Lösungen geschaut.”
Heute richtet sich die Sozialberatung an Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Es gibt Personen, die erwarten gerade ein Kind, oder jemand fragt, welches Pflegegeld er vielleicht beantragen könnte. Alles, was die Menschen bewegt und in soziale Not bringt, wird hier in der Beratung aufgenommen und gemeinsam wird nach Lösungen geschaut.
Vor allem ehrenamtliche Helfer:innen unterstützen bei der Lebensmittelausgabe. Wie können sich Menschen bei der Diakonie engagieren und einbringen?
Schruck: Bei der Diakonie Düsseldorf gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich zu engagieren: Zum einen haben wir ein großes Ehrenamtsreferat, wo sich Menschen hinwenden können, die sich engagieren möchten. Dort können sie sich Arbeitsbereiche nennen lassen oder hospitieren.
Wolfgang Dauwe engagiert sich seit fünf Jahren ehrenamtlich bei der evangelischen Tafelausgabe der Diakonie Düsseldorf.
Wenn man keine Zeit hat, kann man Projekte finanziell mit einer Spende unterstützen. Dafür gibt es bei der Diakonie den Spendenservice. Es gibt vielfältige Projekte und Arbeitsbereiche, die finanzielle Unterstützung tatsächlich immer gut gebrauchen können.
Frau Schruck, was ist Ihr Wunsch für die Zukunft der Arbeit der Diakonie?
Schruck: Ich würde mir wünschen, dass es gar keine Tafeln mehr braucht. Ich möchte, dass die Menschen seitens des Staates genug Geld an die Hand bekommen, dass keiner in einer langen Schlange stehen muss, um eine Tüte Lebensmittel zu erhalten. Das ist mein Wunsch an die Politik.
Mit der Evangelischen Tafelausgabe unterstützt die Diakonie Düsseldorf bedürftige Menschen mit Lebensmitteln und lindert so deren Not. Neben ehrenamtlicher Unterstützung sind Angebote wie diese auf finanzielle Mittel angewiesen. Die Evangelische Bank unterstützt die Arbeit der Diakonie und weiterer Einrichtungen regelmäßig mit Spenden. In 2024 erhielten Tafeln insgesamt 60.000 Euro, verteilt auf 13 Einrichtungen. Die Förderbeiträge sind ein Teil der Spendensumme, die durch die Nutzung des „EB-Lebenswert“-Girokontos zustande kam – denn für jedes Konto spendet die EB pro Monat 0,50 Euro für einen sozialen Zweck.
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